Offroader
Mit dabei seit Mitte 2011 Wohnort: Frankfurt Status: Verschollen
...und hat diesen Thread vor 4304 Tagen gestartet!
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Verfasst am: 17.07.2012 21:51:28 Titel: Ersatzteile PS10 - die Vierte |
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Guten Abend,
da das aktuelle europäische Sommerwetter zum Schrauben einlädt, habe ich mal wieder etwas Zeit mit „meinem Schrotthaufen“ verbracht und nun die Vorderachse überholt und die Achskugeln gewechselt, Da das zudem ein Thema ist, mit dem sich der eine oder andere auch befassen werden muss oder schon hat (vgl. auch für weitere Informationen den Thread von Woida http://www.offroad-forum.de/viewtopic.php?t=45865&postdays=0&postorder=asc&start=0), gebe ich meine „Erkenntnisse“ hier weiter. Benutzt habe ich nämlich Kugeln aus dem Land Rover Regal, die man mit etwas Modifikation gut verwenden kann (sollte wohl auch beim Massif noch so sein, weiß ich aber nicht) und die wohl viel preiswerter sind, jedenfalls aber „überall“ lieferbar. Beim „Discounter“ in England kostet das Paar trotz de schwachen Eurokurses immer noch um die € 100.
Wie Woida schon geschrieben hat, sind die Kugeln von der Symmetrie gleich (oder hinreichend ähnlich), nur achsseitig fehlt der Bund und die Aufnahme für den Wellendichtring
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Obwohl man auch zwei andere, technisch saubere Möglichkeiten hat, diese Abdichtung zu realisieren, wie ich das in Woida´s Beitrag schon skizziert habe, beschreibe ich hier nur die Variante mit einer Buchse, die mir nach längerem Suchen ein freundlicher Werkzeugmacher gefertigt hat und die den Vorteil hat, dass man den Originaldichtring 50x35x10 wieder verwenden kann und auch den Bund hat, was die Montage erleichtert. Wenn jemand noch Interesse an solchen Buchsen haben sollte und mindestens 4 oder 5 Paare zustande kämen, würde mein Werkzeugmacher das Paar für € 40 anbieten. Ich würde das (einmalig) auch übernehmen, denn ich mache das dann nur aus Gefälligkeit und handele nicht damit. Die Buchse
ist mit Gleitsitz gefertigt, sie geht also ganz leicht in die Bohrung und man kann sie mit etwas Dichtmasse oder Wellendichtung (aber nicht hochfest!!) an ihrem Platz fixieren.
Bei späteren Erneuerungen kann sie dann leicht wieder verwendet werden.
Die Land Rover Kugel hat noch ein paar kleinere Abweichungen von der Santana Kugel, die ihre Verwendbarkeit aber nicht einschränken. So sitzen die Lagerschalen der Bolzenlager tiefer als beim Original, was ich auch erst nach dem Einbau gemerkt habe. Man muss das deshalb sauber vermessen, denn ich schließe nicht aus, dass auch Fertigungstoleranzen noch zusätzlich auftreten können. War das Maß der alten Kugel ohne Lagerschalen bei mir 135,25 mm, betrug es bei den neuen Kugeln 136,40 mm, mit Lagerschalen dann 140,56 mm zu 136,40 mm bei den neuen Kugeln. Die Ursache liegt darin, dass die Bohrung bei den Land Rover Kugeln tiefer ist und die Lagerschale entsprechen weniger hervorsteht. Die Maßdifferenz bei den Kugeln ist zu vernachlässigen, denn das fängt der große Dichtring „locker“ ab, die Differenz mit eingebauten Lagern muss man aber ausgleichen. Entweder unterlegt man die Lagerschalen vor dem Einpressen auf jeder Seite mit einer Pass-Scheibe von 2mm und kommt damit auf das Maß der alten Kugel oder man arbeitet, wie ich es getan habe, mit Pass-Scheiben, die unten und oben auf die Achsschenkelbolzen aufgelegt werden.
Ein festes Maß lässt sich dafür nicht angeben, denn auch bei der alten Kugel finden sich unten und oben viereckige Pass-Scheiben, die das richtige Maß und die nötige Lagervorspannung herstellen. Wichtig ist, dass die Kugel sauber zentriert in der Glocke eingebaut wird, d.h. man muss den Abstand Kugelaußenseite zum Rand der Glocke so durch Scheiben ausgleichen, dass er oben und unten zumindest im Zehntel-mm Bereich gleich ist. Wenn man dann etwa noch 0,2 mm oben hinzugibt, kommt man nach dem Anzug der Schrauben auf die nötige Vorspannung und den geforderten Drehwiderstand von ca. 2 mkg. Wenn man das so ausführt, hat man außen weder unten, noch oben die großen Pass-Scheiben und kann die Bolzen mit etwas flüssiger Dichtung (z.B. Hylomar blau o-ä.) dicht verschrauben, was sicher auch kein Nachteil ist.
Der Bolzendurchmesser ist 19 mm, man benötigt also Pass-Scheiben des Maßes 20x28 mm in verschiedenen Dicken, z.B. je einige in 1mm, 0,5 mm und 0,25 mm, mit den man variieren kann, um die benötigte Gesamtdicke herzustellen. Bei mir waren das ca. 1,6 mm auf jeder Seite. Pass-Scheiben (nach 988) kosten „Pfennige“, werden aber meistens nur im Hunderter-Pack als Mindestmenge verkauft. Bei einigen Händlern kann man sie aber auch einzeln ordern (z.B. bei http://www.grafe-shop.de/index.php?view=overview&categories_catid=343). Von jeder Dicke ein paar Stücke sind für uns ausreichend, um damit auszukommen. Bei dieser Gelegenheit würde ich auch gleich ein paar Scheiben für die Antriebswelle außen mitordern, denn entgegen der Ansicht von Santachina sollte man die nicht einfach weglassen, doch dazu später noch etwas mehr.
Übrigens empfehle ich niemanden, diese Einstellarbeiten am Fahrzeug auszuführen, falls überhaupt jemand auf diese Idee kommen sollte.
Hat man die Kugel nun ordentlich zentriert und die Achsschenkel oben und unten festgezogen, kommt als nächstes die Montage des Dichtrings für die Kugel. Da dieser Ring wegen seiner Größe „etwas störrisch“ ist, wenn es darum geht, ihn in die passende Nut der Achsglocke einzupressen, sollte man zunächst den Befestigungsring mit montieren, die Schrauben auf leichte Vorspannung anziehen und kann dann daran gehen, den Dichtring mit leichten Schlägen erfolgreich einzubringen, ohne dass er auf der einen Seite gleich wieder rausflutscht, wenn man auf der anderen Druck auf ihn ausübt
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Um die schönen neuen Kugeln möglichst lange in ihrer Pracht zu erhalten, empfehle ich aus dem „Land Rover Regal“ Leder-Schutzmanschetten (Gaiter-Kits) zu montieren.
An meinem alten Land Rover sind die schon über 20 Jahre dran und immer noch tadellos funktionsfähig.
Da diesen Kits, jedenfalls wenn man sie „beim Discounter“ in England bezieht, keine Montageanleitung beiliegt, möchte ich hier auch ein paar kurze Tips zur Montage geben. Die Kordel, mit der man die beiden Enden „zusammennäht“, sollte man mit dem Feuerzeug an einem Ende erwärmen und dann verknoten, an den anderen Ende erwärmen und dann auseinanderziehen und mit nassen Fingern zu einer „Nadel“ modellieren. Mit dieser kann man dann ohne weitere Hilfsmittel „zusammennähen“.
An der Achsseite sollte man die Schelle noch nicht montieren, sonst bekommt man bei der Montage am Fahrzeug Probleme, weil die Schrauben nicht mehr durch die Bohrungen gehen. Ich habe übrigens Sechskantschrauben vom Land Rover verwendet, weil die weniger auftragen, als die Innensechskantschrauben, die dort waren und man ohnehin neue Stop-Muttern verwenden sollte.
Die Montage selbst ist etwas fummelig und man muss aufpassen, dass die Lederhülle beim Volleinschlag nicht vom Anschlagwinkel gequetscht wird, das wäre ihrer Lebensdauer nicht zuträglich. Außerdem empfehle ich, nach vollzogener Montage die Manschette mit einem Pinsel mit Öl komplett zu tränken. Man kann Sonnenblumenöl, Olivenöl etc. oder mit Terpentin verdünntes verwenden (letzteres habe ich genommen); es geht darum, das Leder gut zu imprägnieren, dass es einerseits keine Feuchtigkeit aufnimmt und andererseits nicht trocken und hart wird.
Danach kann man die Achsschenkelgruppe wieder am Fahrzeug montieren und Radnabe mit Bremsscheiben anbringen.
Was man an Land Rover Teilen benötigt, um bei dieser Gelegenheit auch gleich Radlager etc. zu überholen, könnt ihr mit Teilenummern in einem anderen Thread nachlesen (http://www.offroad-forum.de/viewtopic.php?t=56770).
Das nötige Achsfließfett bringe ich nach der Montage der Antriebswelle in die Glocke von vorne ein, bevor ich den Achsstummel montiere; Sicherungsbleche und Dichtungen sind auch hier vom LR. Altmodisch wie ich bin, benutze ich hier, wie auch bei Achse und Mitnehmer Papierdichtungen, die ich mit einem sparsamen Auftrag von flüssiger Dichtmasse zusätzlich „verstärke“.
Wenn dann auch der Mitnehmerflansch der Radnabe montiert ist, sollte man, bevor man den Sicherungsring auf die Achswelle bringt, das nötige Axialspiel der Achswelle mit Pass-Scheiben herstellen. Dazu benötigt man keine Messuhr oder dgl. wie im Werkstatthandbuch illustriert, sondern es reicht eine Messlehre, wie man sie etwa auch zum Ventileinstellen verwendet; man kann es aber auch einfach ausprobieren, wie viele Scheiben hinpassen. Die Antriebswelle sollte kein „unkontrolliertes" Axialspiel haben, weil das auf Dauer den innen liegenden Dichtring beschädigen könnte und auch dem dahinter liegenden Lager (Bronzebuchse oder Rollenlager) nicht gut tun würde. Im Prinzip ist das Spiel in Ordnung, wenn die Wellensicherung noch gut in ihrer Nut einrastet.
Entgegen der Empfehlung von Santachina habe ich keinen Einfüllstopfen „zur Kontrolle“ des Fließfettes angebracht; ich halte ihn für überflüssig. Aber das ist eine andere Geschichte, die man hier nicht vertiefen sollte. Schaden kann es ganz sicher nicht, über eine solche Inspektionssöffnung kontrollieren zu können, ob drinnen noch Fett ist. Wo es allerdings bei ordnungsgemäßer Montage der Achsschenkel hingekommen sein sollte, hat sich mir bisher nicht erschlossen. Bezeichnender Weise hat nicht nur Santana darauf verzichtet, sondern auch alle späteren LR (nach der Serie) haben diese Öffnung nicht mehr.
Vielleicht zum Schluss noch ein Hinweis: Etwas Schraubererfahrung sollte man für diese Arbeiten schon mitbringen, aber auch eine Werkstatt, die so was nicht täglich macht, könnte diese Hinweise als sachdienlich verwerten.
Viel Spaß bei der „Nachahmung“ | |
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